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Samstag, 25. Februar 2017

Analyse von Putins jährlichen Reden vor dem FSB Ausschuss der Jahre 2015-2017



Jedes Jahr im März hält der russische Präsident Wladimir Putin seine jährliche Rede vor dem Ausschuss des FSB. Er nutzt diese Gelegenheit, um die Arbeit des FSB im vergangenen Jahr zu beurteilen, und um die Prioritäten für die Zukunft festzulegen. Von Filip Kovacevic für www.NewsBud.com, 23. Februar 2017

In einem dreiteiligen investigativen Artikel, den Newsbud dieses Jahr veröffentlichte, habe ich die öffentlichen Bekanntmachungen des FSB aus dem Jahr 2016 analysiert, die auf der offiziellen Internetseite des FSB veröffentlicht werden, um die Aktivitäten des FSB in den Bereichen Spionageabwehr, Terrorabwehr, Cyberverteidigung und anderen kriminalitätsrelevanten Bereichen zu beurteilen. In diesem Artikel werde ich meine Analyse erweitern und Präsident Putins Sichtweise auf die Rolle und den Auftrag des FSB beschreiben, wie sie sich aus seinen drei Jahresreden von 2015, 2016 und 2017 ergibt. Ich glaube, mit dieser Analyse können die wichtigsten Bestandteile der russischen Außenpolitik identifiziert werden und es lässt sich zeigen, in welcher Weise sich die Prioritäten verändert haben (falls dies geschehen ist).


Die Rede von 2015

Im Jahr 2015 trat Putin am 26. März vor dem FSB Ausschuss auf. Die Fotos der Veranstaltung zeigen, dass Putin sowohl vom aktuellen FSB Leiter Alexander Bortnikow, wie auch von dessen Vorgänger Nikolai Patruschew begleitet wurde. Tatsächlich war es Patruschew, der 1999 Putins Nachfolger als Chef des FSB wurde. Alle drei entstammen dem Andropow KGB Milieu der 1970er und kennen einander seit langem. In den letzten 20 Jahren gab es in der Führung der russischen Geheimdienste nur wenige Veränderungen.

Putin begann seine Rede mit einem Bezug auf das, was er einen "staatlichen Putsch" in der Ukraine nannte. Er stellte fest, dass die Reaktion Russlands darauf "offene Irritationen" im Westen verursachte. Laut Putin reagierte der Westen mit einer langfristigen geopolitischen Strategie, welche die "Einhegung Russlands" zum Ziel hat. Dazu gehört ein hoher Druck auf Russland von außen, wie auch Destabilisierungsversuche von innen. Putin erklärte, dass "dies bei Russland nicht funktioniert; es hat nie funktioniert und wird auch nie funktionieren." Putin verschickte damit die klare Botschaft, dass Russland sich nicht den Gestaltungsvorstellungen der westlichen Außenpolitik beugen würde. Russland würde alle seine zur Verfügung stehenden Mittel dazu verwenden, um die territoriale Integrität, sowie die interne politische und wirtschaftliche Stabilität zu verteidigen.

Putin warf den USA direkt vor, "die Grundlage zu stürzen", auf der die internationale Ordnung nach dem Kalten Krieg aufgebaut war, indem es einseitig den Raketenabwehrvertrag (ABM) aufkündigte. Er stellte fest, dass mit der NATO Erweiterung in Europa ein atomares Missverhältnis zugunsten des Westens aufgebaut werden soll, was Russland nicht zulassen würde. Laut Putin besteht der einzige Weg, das Triumpfgeheul des Westens zu beenden darin, Russland "stärker zu machen". Der FSB spielt bei diesem strategischen Unternehmen eine bedeutende Rolle, insbesondere in Bezug auf die Spionageabwehrarbeit des Dienstes.

Putin stellte fest, dass die westlichen Geheimdienste ihre Operationen gegen russische Ziele sowohl in Russland, als auch außerhalb davon, intensiviert haben. Er warnte, dass viele russische Nichtregierungsorganisationen mit ausländischem Geld in verdeckte Filialen der westlichen Geheimdienste ausgebaut wurden, die das Ziel verfolgen, die Parlamentswahlen von 2016 und die Präsidentschaftswahlen 2018 zu destabilisieren. Er stellte fest, dass die russische Regierung durchaus für konstruktive Kritik und den Dialog mit der Opposition offen sei, es aber "sinnlos" ist, in Diskussionen einzutreten "mit jenen, die auf Befehl von Interessen handeln, die aus einem anderen Land als ihrem eigenen kommen." Daher hat Putin den FSB explizit angewiesen, nach Feinden im Inneren zu suchen. Tatsächlich hat er auch die genaue Zahl der im Jahr 2014 enttarnten Spione und Verräter mitgeteilt: 52 ausländische Offiziere und 290 russische Agenten.

Ein weiteres wichtiges Arbeitsfeld des FSB liegt laut Putin im Kampf gegen den Terrorismus. Er lobte den FSB für den Rückgang terroristischer Zwidchenfälle und Verbrechen, die seit 2013 um den Faktor 2,3 und im Vergleich zur letzten Fünfjahresperiode um den Faktor 9 zurückgingen. Putin merkte an, dass der Islamische Staat in Syrien Terroristen ausbildet, um sie zukünftig für Terroranschläge auf russischem Boden einzusetzen. Er deutete an, das etwas dagegen unternommen werden muss. Und tatsächlich begann Russland dann auch im September 2015, etwa sechs Monate nach seiner FSB Ansprache, mit seiner militärischen Intervention in Syrien.

Putin stellte heraus, dass das Internet ein sehr wichtiger Bereich sei, den es im Namen der russischen nationalen Interessen zu schützen und zu verteidigen gilt. Er stellte fest, dass die staatlichen russischen Institutionen und Organisationen im Jahr 2014 über 74 Millionen Angriffe erlebten und erfolgreich "eingedämmt" wurden. Gleichzeitig identifizierten die russischen Strafverfolgungsbehörden 25.000 illegale Publikationen im Internet und schlossen 1.500 extremistische Internetseiten. Laut Putin bestand die Handlungsmotivation in der Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung und nicht in der Zensur.

Schliesslich sprach Putin auch über Lohnerhöhungen und Pensionsanreize für FSB Mitarbeiter. Er versprach auch, die gegenwärtige Unterbringungssituation zu verbessern und wies darauf hin, dass die russische Regierung den Bau von 65 Wohngebäuden mit 5.200 Wohnungen in Auftrag gab, in denen FSB Offiziere und ihre Familien untergebracht werden sollen.

Putins großer Respekt vor dem FSB zeigt sich darin, dass er seine Rede beendete, indem er den FSB Offizieren dankte für ihren "Dienst, den das Land so sehr braucht."


Die Rede von 2016

Im Jahr 2016 trat Putin am 26. Februar und damit früher als 2015 vor dem FSB Ausschuss auf. Wieder wurde er von Bortnikow und Patruschew begleitet. Den Bildern der Veranstaltung nach zu urteilen trug er die selbe Krawatte, wie im Jahr davor.

Putin begann seine Rede in einem konzilianteren Ton gegenüber den USA als 2015. Er hob dabei die gemeinsame Erklärung zwischen Russland und den USA zur Waffenruhe in Syrien vom 22. Februar hervor, die den Beginn er innersyrischen Friedensverhandlungen markierte. Allerdings war der Optimismus über eine Kooperation zwischen den USA und Russland nur von kurzer Dauer, da die Waffenruhe kurz nach ihrem Beginn wieder gebrochen wurde.

Putin stellte fest, dass die russische Militärintervention in Syrien, die im September 2015 begann, motiviert war vom Interesse, die Terroristen in Syrien zu stoppen, bevor sie versuchen würden, russisches Territorium zu betreten. Der Grund für den Einsatz waren russische nationale Sicherheitsinteressen. Er wies die Behauptungen der westlichen Medien zurück, wonach die Flüchtlingskrise in Europa von 2015 durch die Intervention verstärkt wurde. Er wies auf die Tatsache hin, dass beispielsweise viele der Flüchtlinge an der mazedonischen Grenze aus Afghanistan stammten und stellte die rhetorische Frage: "Wie stehen die russischen Operationen in Syrien damit in Verbindung?"

http://1nselpresse.blogspot.com/2017/02/buch-die-weltanschauung-des-steve-bannon.html

Wie auch 2015 betonte Putin, dass Rusland unablässig von westlichen Geheimdiensten unter Druck gesetzt wird. Er stellte fest, dass die Spionageabwehr des FSB die Aktivitäten von über 400 ausländischen Führungsoffizieren und ihren russischen Agenten gestoppt hat, wobei sich 23 von ihnen strafrechtlich verantworten müssen. Es ist interessant, das Putin 2016 im Unterschied zu 2015 nicht genau mitteilte, wie viele Ausländer waren und wie viele Russen.

Ein weiterer Unterschied zu 2015 ist, dass Putin 2016 von der FSB Arbeit gegen das organisierte Verbrechen sprach und anmerkte, dass über 2.200 Personen aus insgesamt 98 Banden verhaftet wurden. Er rief die FSB Offiziere auch dazu auf, wachsam gegenüber Korruption und Machtmissbrauch in der staatlichen Beschaffung und in der Verteidigungsindustrie zu sein, da es hier regelmässig um "große Summen und enorme Ressourcen" geht.

Putin bemerkte, dass das Internet für Russland nach wie vor das Feld mit der größten Aufmerksamkeit ist. Er stellte fest, dass es im Jahr 2015 24 Millionen Cyberangriffe gegen staatliche Institutionen und Organisationen gab und 1.600 extremistische Interntseiten geschlossen wuren. Während die Zahl der geschlossenen Interntseiten fast auf dem selben Niveau verharrte wie im Jahr 2014, so hat sich die Zahl der Cyberangriffe radikal von 74 Millionen auf 24 Millionen reduziert. Putin erklärte die Faktoren hinter der dramatischen Veränderung allerdings nicht. Es könnte sich daher um einen Schreibfehler oder ein falsches Vorlesen handeln.

Schliesslich sprach Putin auch die Unterbringung des FSB an. Er stellte fest, dass der Bau von 98 Wohngebäuden abgeschlossen sei und 7.300 Wohnungen für FSB Offiziere und ihre Familien bereitstehen. Es gab keine Erwähnung über Lohnerhöhungen.


Die Rede von 2017


Im Jahr 2017 trat Putin am 16. Februar und damit sogar noch früher vor dem FSB Ausschuss auf als 2016. Er wurde von den selben Personen begleitet, wie auch schon 2015 und 2016, allerdings trug er eine andere Krawatte. Das erste Mal gab es die Rede auch als Video auf der offiziellen Internetseite des Kreml.

Putin begann mit einem Lob des FSB für dessen gute Arbeit in allen Aktivitäsbereichen und betonte besonders "eine Reihe von erfolgreichen Spionageabwehraktionen." Er merkte an, dass sich die weltweite Situation nicht verbessert habe und die Bedrohungen für Russlands nationale Sicherheit sogar "noch akuter" wurden.

Putin wies darauf hin, dass es beim NATO Gipfel vom Juli 2016 in Warschau eine Erklärung gab, die Russland "das erste Mal seit 1989 die Hauptbedrohung der Allianz" darstellt. Er stellte fest, dass die NATO ihre Bemühungen intensiviert, mit denen Russland eingehegt werden soll, indem sie die Reichweite ihrer strategischen und konventionellen Waffen steigeren.

Hinsichtlich der Absichten durch die NATO stellte Putin klar fest: "Sie provozieren uns und sie versuchen uns in eine Konfrontation hineinzuziehen." Diese Art von Sprache gab es bei seiner Rede von 2016 nicht, was zeigt, dass sich die NATO-Russland Beziehungen in der Zwischenzeit stark verschlechtert haben.

Putin warf der ukrainischen Regierung vor, mit dem Minsker Abkommen zu brechen und seine Aganda im Donbass mit Gewalt durchzusetzen. Er warnte, dass das offizielle Kiew auch davon sprach, "organisierte Sabotage und Terrorismus" auf russischem Territorium durchzuführen.

Insgesamt aber stellt Putin fest, dass die terroristischen Zwischenfälle und Verbrechen zurückgegangen sind. Laut ihm verhinerte der FSB im Jahr 2016 45 terrorbezogene Verbrechen, darunter 16 Attentate in der Vorbereitung. Das sind mehr, als der FSB bei einer Presseveröffentlichung bekannt gab.

Im Gegensatz zu 2016 gab Putin im Jahr 2017 wie bereits bei seiner Rede von 2015 die genaue Zahl der entdeckten Spione und Verräter bekannt: 53 Ausländer und 386 Russen. Während die Zahl der enttarnten Ausländer konstant blieb, so ist die Zahl der enttarnten russischen Agenten innerhalb von nur zwei Jahren um 30 Prozent gestiegen.

Hinzu kommt, dass Putin den FSB im Zusammenhang mit der Ermordung des russischen Botschafters in der Türkei, Andrei Karlow, bat, eng mit dem SVR [dem russischen Auslandsgeheimdienst, d.Ü.] zusammenzuarbeiten, um im Ausland russische Diplomaten besser schützen zu können. Er wies auch auf die Notwendigkeit der Kollaboration mit den Partnern der Schanghai Sicherheitsorganisation (SCO), der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (SCTO) und den Vereinten Nationen hin.

Putin merkte an, dass es der langfristig erfolgreiche Kampf zur Ausrottung des internationalen Terrorismus erfodern würde, mit den USA und den Geheimdienststrukturen der NATO den "Dialog wieder herzustellen", es aber nicht "Russlands Schuld" sei, dass dieser weiterhin äußerst feindselig sind.

In Bezug auf Internetthemen stellte Putin fest, dass sich die Zahl der Cyberangriffe auf staatliche russische Einrichtungen und Organisationen zwischen 2015 und 2016 verdreifacht hat, gab aber keine genaue Zahl bekannt, wie in der vorigen Jahresrede. Er sagte auch nicht, wie viele extremistische Internetseiten geschlossen wurden.

Putin rief den FSB dazu auf, seine Kampagne gegen Korruption und die Bereicherung an staatlichen Mitteln im Zusammenhang mit Verteidigungs- und Infrastrukturprojekten fortzusetzen, da die "Öffentlichkeit bessere Ergebnisse erwartet" und es "unverzeihlich ist, das es noch immer so viele Fälle [mit illegalen Aktivitäten] gibt." Allerdings erwähnte er weder die Lohnerhöhung, noch das Unterbringungsproblem des FSB, wie in den Jahren zuvor. Es scheint, als würden die es die russischen Staatsfinanzen nicht erlauben, weiter in den Sicherheitsapparat zu investieren, was in den kommenden Jahren zu Problemen führen könnte.



Schlussfolgerung

Die komparative Analyse von Putins drei Jahresreden vor dem FSB Ausschuss zeigt nur wenige Veränderungen bei der Ausrichtung der russischen Außenpolitik und den wichtigsten aktuellen Themen. Die Betonung auf das feindselige internationale Umfeld, in dem sich Russland sieht, ist genauso präsent, wie es auch die starken Bemühungen durch die russischen Geheimdienste sind, Russlands Recht auf eine autonome Stimme in der internationalen Politik zu verteidigen.

Putin macht klar, dass Russland in der internationalen Gemeinschaft nach Partnern sucht, allerdings nur unter jenen, die dem Land auf gleicher Höhe und mit Respekt entgegenkommen. Weder er, noch der FSB fühlen sich von der Kriegstreiberei der NATO und auch nicht von US/NATO Spionen und Einflussagenten eingeschüchtert. Während es so aussieht, als würde die Zahl der Russen, die ihr Land ausspionieren, wachsen, so ist interessant anzumerken, dass die Zahl der exponierten ausländischen Agenten konstant blieb. Ob dies so gewollt ist, oder dem Zufall geschuldet ist, kann nur schwer gesagt werden.

Meines Erachtens gibt es in der russischen Führung ein wachsendes Gefühl der Frustration darüber, dass die globale Situation sich nicht verbessert. Je mehr von dieser globalen Instabilität zugelassen wird, desto schwieriger wird es, die Kräfte des Krieges und das soziale Chaos im Zaum zu halten und den Weltfrieden zu bewahren. Die Tatsache, dass die Hauptverantwortung für die gegenwärtige Situation in den Händen der korrupten westlichen neoliberalen Elite liegt wird ist nur ein geringer Trost, falls es zu einem atomaren Krieg kommen sollte.





Im Original: Newsbud Exclusive- Putin’s Instructions to the FSB, 2015-2017: An Analysis
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